CEO des eigenen Lebens

28. September 2018 von Tatjana Lackner, MBA

Be Boss Deines Lebens

Als ich 2008 den Führungskräfte-Bestseller „Be Boss– 33 Stolpersteine beim Führen & Kommunizieren“ geschrieben habe, war einer meiner Gedanken zur Führung: “Wer die Menschen bei Ihrem Lebens-Management beobachtet, ahnt, wie sie Menschen führen!” Heute, mehr als 23.550 Trainingsstunden und zehn Jahre später, bin ich umso überzeugter davon, dass jeder der in die Führung möchte, zuerst ein guter CEO für sein eigenes Leben werden muss.

Fit for Familybusiness?

Laut dem Münchner Hirnforscher Ernst Pöppel treffen wir jeden Tag rund 20.000 (zwanzigtausend!!) Entscheidungen. Die lassen sich nicht abstellen. Viele sind schnelle Entschlüsse und dabei unbedeutend: “Soll ich gleich aufstehen oder noch liegen bleiben?” oder: “Mag ich eine zweite Tasse Kaffee?”

Früher hat man an das Kopf- und das Bauchhirn geglaubt. Natürlich gibt es rationalere Menschen und solche, die emotionaler an Entscheidungen herangehen. Nobelpreisträger Daniel Kahneman (*1934) hat diesbezüglich schon 2012 ein eindrucksvolles Buch geschrieben. Er unterschied im Titel: „Schnelles Denken, langsames Denken“.

Unglaublich viele Entscheidungen haben wir neben den beruflichen Aspekten rund um die Karriereplanung im Zuge eines Jahres zu fällen. Manche langfristig, einige nur für einen kurzen Zeitraum. Privat verlangt uns das individuelle Lebensdesign klare Entschlüsse ab. Die Art und Weise, wie wir leben möchten, hängt mit persönlichen Präferenzen zusammen und mit den finanziellen Möglichkeiten, die unserer Selbstverwirklichung Grenzen aufzeigen.

Angefangen bei: Welchen Kindergarten soll der Nachwuchs besuchen? Private oder Internationale Schule oder doch lieber das öffentliche Angebot? Wohnen wir auf dem Land oder in der Stadt? Wen wählen wir politisch?

Wenn Eigentum überhaupt geschaffen wird bevorzugen Sie dann eher Wohnung oder Haus? Manche Entscheidungen nimmt uns der Blick in den Geldbeutel ab, andere sind beim Betrachten unseres vollen Terminkalenders schnell getroffen.

Wir Eltern werden irgendwann alle mit der ernstgemeinten Haustierfrage konfrontiert. Nachdem wir das Pony und die Alpakazucht schon abgelehnt haben, bleiben zum Kuscheln nur noch Hund und Katze. Vielen ist klar, dass sich ein Hund plus viermal am Tag – am besten im Wald – Gassi gehen, in der Großstadt kaum ausgeht. Manche haben Glück und irgendjemand in der Familie hat eine Katzenhaarallergie. Dann ist das Thema erledigt.

Später kommen die Jahre, in denen unterschiedliche Talente beim Fortpflanz gefördert werden sollen. Mutti setzt auf ein Instrument und Sprachen. Vati wäre bei den Kindern Sport wichtiger. Alles zusammen geht sich neben der Schule nicht aus.

Manche “Pubertiere” können noch nicht in ganzen Sätzen sprechen, da stellt sich schon die Frage: L17 vor Abschluss der Matura oder doch lieber später?

Generell ist Kindererziehung das beste Training für angehende Führungskräfte. Nicht zuletzt deshalb wäre es sinnvoll die eigene Führungsstil-Entwicklung nicht an tschechische oder südafrikanische Nannies zu delegieren. Wer kleine Menschen coacht und sich Gedanken macht über ihre Perspektiven, dem gelingt das bei großen später genauso. Regeln, Konsequenz, Improvisation und gute Nerven brauchen Sie in beiden Fällen.

Dann gibt es noch private Entscheidungen, die auf uns lauern. Zum Beispiel rund um Friends & Family: Wen laden wir zu Silvester ein? Mit welchen Freunden fahren wir in die Ferien? Verbringen wir Weihnachten bei Deinen Eltern oder bei meinen?

Und weiter geht es im Rollercoaster der Entscheidungen. Unter Druck bleibt kein Mensch auf dem gewohnten Niveau. Ihre Stressresistenz lässt sich anhand Ihres Beziehungslebens am besten analysieren. Schließlich sind wir hier emotional involviert und persönlich betroffen, wenn wieder mal der Hut hochgeht. In fast jeder Liebesbeziehung finden sich Altlasten, verborgene Giftfässer oder thematische Minenfelder, auf die man im Gespräch besser nicht tritt.

CEO Ihres Lebens zu sein hat in Konfliktsituationen mit Selbstbeobachtung und nüchterner Manöverkritik dem eigenen Verhalten gegenüber zu tun. Was gefällt Ihnen an sich selbst gar nicht, wenn Sie “unter Druck” geraten? Was hat sich über die Jahre in Ihrer Streitkultur verändert?

Führung eine Frage des Stils

Die Dialektik zwischen dem “universalen” und dem “partikularen” Ansatz ist nicht erst seit Aristoteles umstritten und sowohl in der Kindererziehung als auch in der Mitarbeiterführung von großer Bedeutung.

Während die einen davon überzeugt sind, dass es wichtig ist “Beziehungen über Regeln” zu stellen, gelten im universalen Ansatz klar “Regeln vor Beziehungen”. Dort wird auch lieber von “Vereinbarungen” als von “Verhandlungen” gesprochen. Der “Blick in die Zukunft” ist bei der universalen Betrachtung wichtiger als die “Analyse des jetzt” oder der Vergangenheit. Überhaupt haben Menschen mit einer universalen Führungseinstellung eher Ihre “Machtkoordinate” im Blickfeld. Man erkennt dies auch an Sätzen, wie: “Was liegt, das pickt!“ oder: „Alles was zählt sind Ergebnisse!“ Der Vorteil: Diese konstante Arbeitsweise schafft für viele Mitarbeiter klare Spielregeln und schenkt ihnen Orientierung.

Wohingegen beim partikularen Führungsstil die “Beziehungskoordinate” im Mittelpunkt steht und damit Fragen, wie: „Was lässt sich an unseren internen Gesprächen verbessern?” Oder „Wie geht man bei uns mit Menschen um?“ und „Wo braucht es situative Flexibilität?”

Je nach Situation flexibel zu agieren, hat auf der anderen Seite Vorteile. Für große Konzerne ist diese situative Beweglichkeit allerdings deutlich schwerer umzusetzen, als für Klein- und Mittelbetriebe. Dementsprechend unterschiedlich gestalten sich die jeweiligen Führungsstile schon alleine der Organisationsgröße wegen. Man kann Siemens eben nicht leiten, wie den Bäcker ums Eck. Auf der anderen Seite ist die zeitliche Flexibilität und Verfügbarkeit, die ein Familienbetrieb in der Hochsaison von seinen Mitarbeitern beispielsweise in der Touristikbranche erwartet in einem Multi-Konzern den Dienstnehmern nicht abzuringen.

Schon im 1964 entwickelten Robert Blake und Jane Mouton das “Managerial Grid”. Jeder Chef erkennt darin selbst, ob er eher aufgabenorientiert oder mitarbeiterorientiert führt.

Fazit: Wer sich in Bezug auf die zigtausenden Mini-Entscheidungen aus dem Privatleben selbst beobachtet, der weiß, wo er auch im Job als Führungskraft noch Lernfelder hat.

Machen Sie sich ein Lerngeschenk und geben Sie sich selbst ehrliches Feedback. Überlegen Sie zudem, wie und wodurch Sie sich in der nächsten Zeit noch verfeinern können. Gestehen Sie sich jedoch auch positive Eigenschaften zu. Wichtig: Belegen Sie diese durch gute Beispiele. Als Chef werden Sie an profunden Feedbackgesprächen sogar gemessen. Beginnen Sie deshalb zuerst bei sich selbst! Be Boss!

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