Dialekt mich doch! Sprachwirrwarr Deluxe

31. Januar 2024 von Tatjana Lackner, MBA

Immer wieder werde ich im Zuge meiner Arbeit im Bereich der Sprechtechnik und des sprachlichen Profilings zu den Unterschieden zwischen Dialekt, Soziolekt und Regiolekt gefragt. In der Welt der Rhetorik spielen sprachliche Nuancen eine entscheidende Rolle. 

Meine erste Schlittenfahrt erlebte ich auf dem Olympiagelände in München. Damals riefen bayrische Kinder ihren Schlachtruf für die Abfahrt: “Aus der Bo, Zitronamo! Hinten hängt da Deifi dro!” (“Aus der Bahn, Zitronenmann! Hinten hängt der Teufel dran!”) 

Dialekte sind regionale Varianten einer Sprache. Sie entwickeln sich aufgrund geografischer Isolation und historischer Einflüsse. Ein bekanntes Beispiel ist das Bairische, das als Dialekt des Deutschen in Bayern und in Teilen Österreichs von geschätzt 12 Millionen Menschen gesprochen wird. Acht Prozent aller Deutschen sächseln und gute sechs Millionen sprechen hessisch. (“Wie schwätze die Hesse?”). 

Als ich Jahre später ins Waldviertel gezogen bin, musste ich mich dort erst mit den unterschiedlichen Präpositionen bekannt machen: “eini” (hinein), “umi” (hinüber), “auffi” (hinauf), “owi” (hinunter), “zuwa” (her).  

Mütter von unverheirateten jungen Männern nahmen mich Teenager prüfend und wohlwollend ins Visier. Eine junge Dame konnte beispielsweise “sche zuwa g’wochsen” sein, was so viel bedeutet, wie, dass sie hübsch geworden und mit weiblichen Attributen gut ausgestattet war.  

Aufgeregt kam eines Tages ein Bauer aus der Nachbarschaft zu uns gelaufen und verkündete: “Da Ödeis hot die Hendln vertodigt!” (Der Iltis hat die Hühner getötet) 

Natürlich können sprachliche Unterschiede innerhalb desselben Landes auftreten und die Verständigung zwischen verschiedenen Regionen erschweren. Ein Beispiel dafür ist das Schweizerdeutsche als Dialekt des Hochdeutschen. In vielen Kantonen weicht nicht nur die Aussprache bestimmter Laute ab, sondern sogar der Wortschatz und die Grammatik.  

Im Gegensatz zum Dialekt bezieht sich der Begriff „Soziolekt“ auf jene verbalen Unterschiede, die auf sozialen Faktoren basieren – also durch soziale Gruppen und deren spezifische Sprachgewohnheiten. Gamer, Rentner, Lehrer, Männer, Frauen oder Juristen und Mediziner haben beispielsweise eine eigene Sprache untereinander. Immer geht es dabei auch um Identitätsbildung und Abgrenzung von anderen. Darunter fällt auch der eigenwillige Berufsjargon von Technikern oder Wissenschaftlern, der Begriffe und Ausdrücke enthält, die für Außenstehende möglicherweise nur schwer verständlich sind. 

Die Sprache wird bewusst angepasst, um die Kommunikation innerhalb der Fachgemeinschaft zu erleichtern. 

Jugendsprache per se ist zudem eine völlig eigene Art zu kommunizieren: “Digger, Yolo sage ich Dir!” (hierbei handelt es sich um eine Ermutigung. Übersetzt bedeutet der Satz: “Lieber Freund, you only live once!”) 

Im Gegensatz dazu vereint der “Regiolekt” sowohl regionale und auch soziale Einflüsse. Ein bekanntes Beispiel ist der Kiez-Slang in Berlin. “Yalla, Mann. Isch geh Aldi” (bedeutet so viel, wie: “Ich laufe noch schnell in den Supermarkt, ehe der zusperrt”). Hier vermischen sich lokale Dialektmerkmale mit urbanen Soziolekt-Elementen. Die Sprache wird nicht nur durch die geografische Herkunft beeinflusst, sondern auch durch den urbanen Lebensstil und die sozialen Interaktionen in dieser bestimmten Region. Die regionale Herkunft und auch soziale Aspekte wie Urbanität und Lebensstil sind hierfür prägend. 

Fazit: In der Rhetorik ist es wichtig zu verstehen, dass sprachliche Unterschiede nicht nur die Verständigung beeinflussen, sondern auch eine kulturelle Dimension haben. Dialekte entstehen durch regionale Unterschiede, wogegen Soziolekte auf sozialen Gruppen basieren und Regiolekte eine Kombination aus beidem darstellen. Die sprachliche Vielfalt wird stets durch die Interaktion von geografischen und sozialen Einflüssen geprägt. Wer die feinen Nuancen von Dialekten, Soziolekten und Regiolekten versteht ist klar im Vorteil. 

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