Stimmlich fit bleiben im Coronoffice

7. April 2020 von Tatjana Lackner, MBA

Stimmlich fit bleiben im Coronoffice 

Online Meetings als Härtetest für den Hals

Das Arbeitsleben ist ja aktuell für viele besonders herausfordernd. Home Office klingt zunächst recht gemütlich, im eigenen Kaffeehäferl zu rühren ist beim Arbeiten schon deutlich feiner als im Konzern-eigenen, die Füße stecken in den kuscheligen Hauspatschen und einteilen lässt sich manches ja auch flexibler. Oder auch nicht – denn parallel muss in vielen Familien auch noch das Home Schooling betreut und Essen auf den Tisch gestellt werden. Und außerdem sind da ja noch die Telekonferenzen via Skype, Zoom oder einer anderen gerade unerlässlichen Plattform. Diese Online-Meetings schlagen sich bei einigen schwer auf den ohnehin schon geforderten Energiehaushalt – sie werden als besonders anstrengend und vielfach auch als ganz schlecht für die Stimme erlebt. 

Woran könnte das liegen, und was kann man dagegen tun?

Technik

Mit der technischen Ausrüstung geht schon einiges an potentiellem Energieverlust einher. Wenn das Mikro immer zu wenig leistet und der Chef schon zum 8. Mal bittet, man möge das Gesagte wiederholen, dann ermüdet nicht nur das Nervenkostüm. Ein Headset kann hier, besonders bei längeren Meetings, viel Entspannung bringen, die Stimme passt sich durch das unmittelbarere Hören auch in der Lautstärke ökonomischer dem Gesprächspartner an, als wenn man in das integrierte (schlechte) Mikro brüllt.

Energielevel

Die Gemütlichkeit zu Hause schlägt sich sofort in unserer Grundenergie nieder. Während bei einem persönlichen Meeting mit Vorgesetzten und Kollegen schon einmal der Puls steigt oder wenigstens die Aufmerksamkeit erhöht ist, weil die Personen ja neben einem sitzen, ist der eigene Schreibtischsessel manchmal zu bequem für die richtige, nämlich produktive Spannung. Bringen Sie sich in Schwung – mit einem moderaten, kurzen Zimmerworkout oder einer Frischluftrunde um den Block. Machen Sie sich mental bereit!

Während des Meetings können Sie auch versuchen, Bewegung in Ihre Beine zu bekommen. Oft reicht es schon, die Füße vom Boden abzuheben, und schon steigt die Spannung im Unterbauch und der Gesamtenergielevel erhöht sich.

Atmung

Haben Sie mich gehört? Sehen Sie mich noch? Das bekannte Videocall-Bingo macht auch viel mit unserer Atemführung. Durch das ständige Prüfen von Verständlichkeit und dem Fokus auf technische Aspekte könnten wir schon einmal aufs tief Durchatmen vergessen. Versuchen Sie bewusst, immer wieder tief in Ihren Bauch zu atmen – zum Beispiel, wenn gerade Kollegen referieren. Schalten Sie Ihr Audiosignal dafür auch gerne stumm, dann kann Ihr wohliges Aufseufzen auch niemanden verwirren und Ihr Körper hat mehr davon. Wenn Sie zu zweit im Call sind, nützen Sie eigene Sprechpausen für ein dezentes, aber ganz bewusstes Loslassen ihres Bauches beim Atmen.

Haltung

Oje. Da haben Sie so viele hundert Yogastunden Ihrer Haltung gewidmet, und vor dem Bildschirm wandert das Kinn nach vorne, wird der Hals kurz und die Augen klein und zusammengekniffen. Investieren Sie vor dem Meeting in eine gute Position Ihres Computers: Ihre Augen sollten auf der Höhe der Kamera sein. Achten Sie auf eine lange Wirbelsäule und lockere Schultern. Nehmen Sie sich die Zeit, um Ihren Tele-Arbeitsplatz so haltungsförderlich wie möglich einzurichten, dann können Sie in einiger Zeit Ihre analogen Yogastunden noch mehr genießen.

Stimme

So, jetzt also zum heiligen Instrument Ihrer gelungenen Online-Veranstaltung, Ihrer Stimme.

Gönnen Sie sich auch hier ein kurzes Warm up. Lassen Sie ihre Lippen flattern und blubbern, seufzen und tönen Sie Ma! Me! Mi! Mo! Mu! in den Raum und erfreuen Sie sich an Ihrem Klang. 

Stellen Sie die Lautsprecher/Ihr Headset so ein, dass Sie die Gesprächsteilnehmer angenehm, aber nicht zu laut hören. Wir neigen dazu, uns der gehörten Lautstärke anzupassen und brüllen gern zurück, auch wenn das nicht notwendig wäre. 

Lassen Sie zur Selbstanalyse immer wieder ihr Telefon mit der Diktierfunktion mitlaufen und lernen Sie Ihre stimmlichen Muster kennen. 

Tun Sie so, als ob Sie einen großen, schönen Raum mit Ihrer Stimme beschicken wollen, als würde der Computer Ihre Stimme für die anderen verstärken können wie in einer großen Halle, in der man mit Mikro spricht.  Sie müssen die stimmliche Arbeit nicht alleine machen.

Auch die Vorstellung, dass Sie Ihre Stimme in den Raum HINTER ihrem Bildschirm schicken, kann helfen.

Nicht immer liegt die Gestaltung und Dramaturgie eines Online-Meetings in Ihrer Hand. Wenn Sie aber Einfluss darauf haben: schaffen Sie für sich genügend Sprechpausen. Dabei können (natürlich inhaltlich sinnvolle) Fragen helfen, die Sie stellen und Inputs, die Interaktion mit den Gesprächspartnern ermöglichen. Vielleicht bietet sich auch einmal an, via Screensharing und für alle sichtbar mitzuschreiben und zusammenzufassen.

Wenn Sie können, treffen Sie sich nicht nur zu zweit. Aufgeteilte Redezeit bringt mehr Pausen und Möglichkeiten, durchzuatmen.

In der Verschränkung von Privat- und Berufsleben sollten Sie besonders darauf achten, regelmäßige kurze Pausen einzuplanen. Die sollten ganz bevorzugt ausreichendes Trinken und Bewegung beinhalten: Hüpfen Sie kurz vor dem Fenster auf uns ab, machen Sie einen Schritt hinaus. Was immer Ihrer körperlichen Gesundheit hilft, hilft auch Ihrer Stimme. 

Sorgen Sie gut für sich in dieser herausfordernden Zeit, nicht nur Ihre Stimme wird es Ihnen danken!

Tatjana Lackner ft. Christina Sidak / Stimmbildung @ Schule des Sprechens